Normalerweise wird der in der Nahrung enthaltene Zweifachzucker Laktose (Milchzucker) im Dünndarm abgebaut. Dabei spaltet das im Dünndarm gebildete Enzym Laktase die Laktose in seine Bestandteile Galaktose und Glukose. Nur diese Einfachzucker können einzeln durch die Dünndarmwand resorbiert werden.
Mangelt es an dem Enzym Laktase, bleiben die Laktosemoleküle ungespalten und können nicht resorbiert werden. Laktose gelangt dadurch unverdaut in den Dickdarm, wo sie von dortigen Darmbakterien vergoren wird. Die Laktoseintoleranz ist somit durch einen Enzymmangel bedingt und darf nicht mit einer Milchallergie verwechselt werden, bei der das Immunsystem auf Milchbestandteile reagiert.
Abb. 1 Bei einer Laktoseintoleranz wird der Milchzucker (Laktose) nicht gespalten. Ungespaltene Laktose kann nicht resorbiert werden und gelangt in den Dickdarm.
Die bakteriellen Laktose-Gärungsprodukte (CO2 , kurzkettige Fettsäuren, Wasserstoff und Methan) im Dickdarm führen zu Symptomen wie Völlegefühl, Blähungen, Meteorismus (Trommelbauch) und krampfartigen Bauchschmerzen. Zusätzlich sind die verbleibenden Laktosemoleküle osmotisch wirksam und bedingen daher in vielen Fällen Diarrhoe. Die verminderte Glukoseaufnahme im Dünndarm kann zudem temporär Hypoglykämie und somit Müdigkeitssymptomatik und auch Konzentrationsschwäche induzieren.
Wie bei allen Säugetieren vermindert sich beim Menschen die Produktion der Laktase nach dem Abstillen durch die Entwöhnung von der Muttermilch. In Populationen, die intensiv Milchwirtschaft betreiben, sind vor ca. 7500 Jahren schützende Mutationen entstanden, die dem Mutationsträger eine lebenslange Laktasepersistenz sichern. Noch verfügt jedoch nicht jeder Mensch über eine solche für eine lebenslange Milchverdauung wichtige genetische Variante. Bei diesen Betroffenen nimmt die Produktion des Enzyms Laktase im Verlauf des Lebens nach wie vor stetig ab. Dies erklärt, dass Betroffene im Kindesalter die Milch noch gut vertragen, dann aber nach und nach Symptome entwickeln. In Europa ist als Anpassung an den lebenslangen Verzehr von Laktose an der Stelle -13910 im Laktase-Gen in der DNA ein Cytosin (C = Laktaseproduktion nimmt ab) gegen ein Thymidin (T = Laktasepersistenz) ausgetauscht worden. Durch einen Gentest kann nachgewiesen werden, ob diese schützende Genvariante vorliegt oder ob die Veranlagung zur primären adulten Laktoseintoleranz besteht. Ca. 75 % der deutschen Bevölkerung haben diese schützende Genvariante, weshalb sich die Untersuchung darauf in Deutschland bei Verdacht auf primäre adulte Laktoseintoleranz etabliert hat.
Heute wissen wir, dass die Zahl von 25 % Betroffenen überschätzt war, da die üblicherweise untersuchte Mutation -13910 C ➙ T nicht allein für die Persistenz der Laktaseproduktion verantwortlich ist. Parallel zur europäischen Entwicklung hat auch in anderen Regionen eine Anpassung an den lebenslangen Verzehr von Laktose stattgefunden. Weitere mit einer Laktasepersistenz einhergehende genetische Varianten im Laktase-Gen sind -13907 C ➙ G, -13908 C ➙ T, -13909 C ➙ A, -13913 T ➙ C, -13914 G ➙ A und -13915 T ➙ G. Diese genetischen Varianten treten immerhin in ca. 10 % der Fälle auf, die in unserem Labor untersucht werden. Diese zusätzlichen Mutationen sind also auch in der deutschen Bevölkerung präsent. Das hat uns dazu bewogen, die Analysetechnik auf die hochmoderne DNA-Sequenzierung umzustellen. Damit werden jetzt alle verantwortlichen Mutationen zweifelsfrei erfasst. Das hat die Konsequenz, dass bei weiteren 10 % der Patienten eine (andere) schützende Mutation festgestellt werden kann.
Abb. 2 Bei Patienten mit primärer adulter Laktoseintoleranz nimmt die Laktaseproduktion im Verlauf des Lebens ab (rote Linie). Es gibt aber schützende Mutationen, die eine lebenslange Laktasepersistenz sichern.
Ein sekundärer Laktasemangel kann sich durch Schädigung des Dünndarmepithels (Ort der Laktasesynthese) z. B. bei einer Zytostatika- oder Antibiotikatherapie oder bei Patienten mit Zöliakie oder Morbus Crohn manifestieren. Ein sekundär verursachter Laktasemangel ist nur vorübergehend und nach Regenerierung des Darmepithels reversibel. Diagnostisch wird der Laktose Belastungstest zum Nachweis einer aktuell bestehenden Laktoseintoleranz genutzt. Bei entsprechender klinischer Symptomatik bietet sich der Laktoseintoleranz Gentest als die einfache, für den Patienten nicht belastende labordiagnostische Alternative an, da eine Laktosebelastung des Patienten entfällt. Entnahmezeitpunkt und Begleiterkrankungen beeinflussen den Test zudem nicht. Darüber hinaus kann mit Hilfe des Gentests zwischen der primären und der sekundären Laktoseintoleranz unterschieden werden. Der Laktoseintoleranz Gentest empfiehlt sich daher als Nachfolgeuntersuchung bei allen positiven Ergebnissen im Laktosebelastungstest.
Die Unterscheidung zwischen genetisch bedingter primärer und der sekundär verursachten Laktoseintoleranz ist von großer therapeutischer Bedeutung, da bei Patienten mit einer primären Form der Laktoseintoleranz eine laktosefreie Diät oder die Einnahme von Laktasepräparaten lebenslang die einzig mögliche Therapieoption ist. Bei Patienten mit einer sekundär bedingten Laktoseintoleranz ist diese Therapie hingegen nur so lange notwendig, bis sich nach Ursachenabklärung und Behandlung der Grunderkrankung das Darmepithel regeneriert hat. Eine lebenslange laktosefreie Diät ist bei sekundärer Laktoseintoleranz nicht notwendig.
Abb. 3 Nur der Gentest kann zwischen der primären und sekundären Laktoseintoleranz unterscheiden. Die am IMD angewandte Methode erfasst auch seltene »schützende« genetische Varianten.
2 ml EDTA-Blut
Der Transport ins Labor ist nicht zeitkritisch und kann per Postversand erfolgen. Für die genetische Untersuchung benötigen wir die Einverständniserklärung des Patienten. Das Blutentnahme- und Versandmaterial wird vom Labor kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Eine Abrechnung ist im kassen- und privatärztlichen Bereich gegeben. Diese genetische Untersuchung berührt nicht das Laborbudget.
Abb. 4 Musterbefund
Gentest für Laktoseintoleranz - eine Alternative zu bisherigen Testverfahren
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