Neoplastische Erkrankungen reifer Lymphozyten, die auch als maligne Lymphome bezeichnet werden, sind eine heterogene Gruppe von Erkrankungen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Verlaufes (hoch-maligne vs. niedrig-maligne), bezüglich ihrer Abstammung von B-, T- oder NK-Lymphozyten, einer möglichen Ausschwemmung in das periphere Blut, ihrer Morphologie, der Expression bestimmter Antigene auf der Lymphozytenoberfläche sowie genetischer Veränderungen. Diese Charakteristika sind die Grundlage der Einteilung der Lymphome nach der WHO-Klassifikation von Tumoren des hämatopoietischen Systems. Diese grenzt die Hodgkin-Lymphome von Non-Hodgkin-Lymphomen ab und unterteilt die letzteren in mehr als 70 unterschiedliche Tumorentitäten. Aus dem bisher Dargestellten lässt sich bereits erahnen, dass zur Diagnosestellung eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unter Einsatz verschiedenster Verfahren notwendig ist [1].
Aus verschiedenen Gründen ist im medizinischen Alltag die chronisch-lymphatische Leukämie (CLL) von besonderer Bedeutung. Es handelt sich um die häufigste lymphatische Neoplasie mit einer Inzidenzrate von 4,9 (Männer) bzw. 2,5 (Frauen) auf 100.000 Einwohner. Anzumerken ist, dass die Neuerkrankungsrate mit zunehmendem Alter deutlich ansteigt. Die Erkrankung verläuft häufig indolent, so dass ihre Diagnose oft nur zufällig gestellt wird. Auch eine Behandlung ist nur beim Auftreten von Symptomen angezeigt. Da keine genetischen Marker bekannt sind, die spezifisch für die CLL sind, basieren die diagnostischen Kriterien auf der Immunphänotypisierung (FACS-Analyse) und der Morphologie. Als minimale Kriterien werden der Nachweis von >5000 klonalen B-Zellen pro µl Blut gefordert, die neben den B-Zell-Antigenen CD19 und CD20 auch noch CD5 und CD23 exprimieren [2]. Entscheidend ist eine sichere Abgrenzung zu anderen B-Zell-Lymphomen, da diese sich in der notwendigen Therapie und der Prognose von der der CLL grundlegend unterscheiden. In einem aktuellen internationalen Konsenspapier wird daher empfohlen, neben den für die Diagnose der CLL zwingend notwendigen Markern auch noch weitere zu untersuchen [3].
Diagnostische Kriterien der CLL nach IWCLL/WHOKlassifikation [1, 2]
Notwendige und empfohlene Marker zur Diagnostik der CLL nach ESCCA/ERIC-Konsensus [3]
Notwendig: CD19, CD20, CD5, CD23, Kappa, Lambda
Zusätzlich empfohlen: CD43, CD79b, CD81, CD200, CD10, ROR1
Ein Nachweis von weniger als 5000 klonalen B-Zellen pro µl Blut mit einem CLL-ähnlichen Phänotyp wird als monoklonale B-Lymphozytose (MBL) bezeichnet. Dies ist ein relativ häufiger Befund, der in bis zu 12 % bei gesunden Personen mit einem Alter >40 Jahre gefunden werden kann. In den letzten Jahren ist klar geworden, dass die MBL in der Regel als Vorläufer einer CLL anzusehen ist. Das Progressionsrisiko unterscheidet sich jedoch in Abhängigkeit von der Anzahl der klonalen B-Zellen: eine low-count-MBL (<500 klonale B-Zellen/µl) braucht in der Regel keine spezialisierte Verlaufskontrolle, während eine high-count-MBL (>500 klonale B-Zellen/µl) jährlich hinsichtlich ihrer Progression kontrolliert werden sollte.
Neben der CLL treten auch bei anderen lymphatischen Neoplasien leukämische Verläufe auf. Regelhaft ist dies bei der Haarzellleukämie, fakultativ beim Mantelzell-, beim Marginalzonen-, beim lymphoplasmozytischen oder follikulärem Lymphom der Fall. Neben diesen B-Zell-Lymphomen können auch T-Zell-Lymphome einen leukämischen Verlauf zeigen. Anzuführen wären hier unter anderem das Sézary-Syndrom und die LGL- (large granular lymphocyte) Leukämie. Auch hier kann durch eine durchflusszytometrische Lymphomtypisierung häufig eine Diagnose gestellt werden, insbesondere weil in den letzten Jahren neue Marker in die Diagnostik eingeführt wurden.
Die durchflusszytometrische Lymphomtypisierung ist neben der klassischen hämatologischen Diagnostik mit Blutbild und manueller Differenzierung ein wesentlicher Baustein bei der Abklärung einer Lymphozytose. Indikationen zur Durchführung dieser Untersuchung sind:
Wegen der Vielzahl in Frage kommender Krankheitsentitäten und Marker und steigendem Kostendruck sollte die Diagnostik als Stufendiagnostik durchgeführt werden. Dies erlaubt zunächst einen Ausschluss oder Nachweis einer klonalen Lymphozytenpopulation. Basierend auf diesem Ergebnis werden dann zusätzlich ganz bestimmte Marker auf der Zelloberfläche bestimmt, die die benötigte diagnostische Information liefern. Am IMD Potsdam wurde dies so umgesetzt, dass in der ersten Stufe der Diagnostik eine Abgrenzung von reaktiven und malignen Lymphozytosen vorgenommen werden kann. Gleichzeitig kann damit schon die Diagnose einer CLL mit klassischem Immunphänotyp gestellt werden. Basierend auf unseren Erfahrungen gelingt damit bei unserem Patientenkollektiv schon bei 75 % der Patienten die Diagnosestellung. In der zweiten Stufe der Diagnostik werden die im internationalen Konsens empfohlenen zusätzlichen Marker untersucht. Dies dient der sicheren Abgrenzung einer CLL gegenüber anderen Entitäten von B-NHL in Fällen, in denen der Immunphänotyp in der ersten Stufe oder die Morphologie nicht typisch für eine CLL sind. In einer dritten Stufe der Diagnostik können dann gegebenenfalls noch weitere Marker zur Differentialdiagnostik verschiedener B-NHL-Entitäten untersucht werden. Somit ist eine gezielte und damit sehr kosteneffiziente Diagnostik möglich.
2 ml EDTA-Blut
Die Laboranforderung auf dem Überweisungsschein lautet: Lymphomtypisierung
Eine Abrechnung ist bei gegebener Indikation im kassen- und privatärztlichen Bereich gegeben.