Neutrophile Granulozyten (»Fresszellen«) gehören zur angeborenen (unspezifischen) Immunabwehr und stellen mit ca. 45- 75 % den prozentual größten Anteil der Leukozyten dar. Sie zirkulieren im Blut und dienen der Identifizierung und Eliminierung von Bakterien, Pilzen und Hefen. Zu den Funktionen der neutrophilen Granulozyten gehören die Chemotaxis, d.h. die Wanderung zum Entzündungsort, die Phagozytose, also die Aufnahme meist opsonisierter Erreger und die Freisetzung von reaktiven Sauerstoffmetaboliten (oxidativer Burst) zur Zerstörung der aufgenommenen Erreger. Nach Einwanderung in das Gewebe werden die opsonisierten (d. h. mit Antikörpern, Komplementkomponenten oder MBL-beladenen) Erreger über eine Rezeptor-vermittelte Erkennung von den neutrophilen Granulozyten aufgenommen, wodurch die Zellen aktiviert werden. Dies führt zur Freisetzung von Sauerstoffradikalen, die den Erreger effizient eliminieren.
Eine verminderte oder defekte Funktion der neutrophilen Granulozyten kann allein oder in Kombination mit Antikörper-, MBL- oder Komplementdefekten Ursache für eine vermehrte Anfälligkeit gegenüber Bakterien, Hefen (Candida) bzw. Pilzen sein.
Primäre (angeborene) Immunfunktionsstörungen sind die Aktin-Fehlfunktion, die Tuftsin-Defizienz oder die Komplement-Rezeptor C3bi-Defizienz. Sie können sich auch im späteren Lebensalter klinisch manifestieren. Die häufigeren sekundären Immunfunktionsstörungen können bei einer Reihe von Grunderkrankungen auftreten (u. a. Tumore, Diabetes, chronische Infektionen, Dialyse, AIDS,Tuberkulose). Granulozytendefekte können auch iatrogen bedingt sein (Glukokortikoide, Anästhetika u. a.).
Immundefektdiagnostik: Wiederholte bzw. persistierende (auch therapierefraktäre) bakterielle oder mykotische Infektionen (Otitis, Sinusitis, Pneumonie, Bronchitis, Hautinfektionen, Parodontitis, Wundinfektionen, Gastroenteritis) im Rahmen der Stufendiagnostik (siehe Schema unten).
Kontrolle des Behandlungserfolges: Eine Steigerung der Granulozyten-Funktion ist für die Behandlung mit zahlreichen Immunmodulatoren beschrieben (Zytokine, z. B. IL-2, IFN-γ; Milchsäurebakterien, Pflanzenextrakte wie z. B. Mistel oder Echinacea).
Diagnostisches Programm bei häufigen bakteriellen/mykotischen InfektionenGroßes Blutbild (2 ml EDTA-Blut) IgG /IgA /IgM (3 ml Vollblut) Burst-Test (5 ml Heparinblut) Phagozytose-Test (5 ml Heparinblut)
Mannose-bindendes Protein (MBL) (3 ml Vollblut) CH50/AP50 Komplementtest (3 ml Vollblut) IgG-Subklassen (3 ml Vollblut) IgG-Subklassenanalyse i.d.R. nur bei vermindertem IgG oder IgG im unteren Normbereich
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Heparinisiertes Blut des Patienten wird mit opsonisierten, Fluoreszenz-markierten E. coli Bakterien bei 37°C inkubiert. Intakte Granulozyten nehmen die Bakterien (und damit auch den Fluoreszenzfarbstoff) über Komplement- oder Fc-Rezeptoren in einem definierten Zeitraum auf. Dies ermöglicht die anschließende Detektion phagozytierter E. coli Bakterien im Durchflusszytometer. Es wird der prozentuale Anteil intakter Granulozyten bestimmt.
Heparinisiertes Blut des Patienten wird mit opsonisierten E. coli Bakterien bei 37°C inkubiert. Durch Aufnahme der Bakterien werden die Zellen aktiviert, was zur Freisetzung von reaktiven Sauerstoffmetaboliten führt, z. B. Superoxid-Anionen oder Wasserstoffperoxid. Die Bildung der Sauerstoffradikale während des oxidativen Burst kann durch Zugabe eines fluorogenen Substrates verfolgt werden. Anhand der detektierten Fluoreszenz, die als Maß für die Menge an oxidiertem Substrat angesehen werden kann, wird der prozentuale Anteil der neutrophilen Granulozyten bestimmt, der Sauerstoffradikale produziert hat.
5 ml Heparinblut je Bestimmung bzw. bei Bestimmung beider Parameter (Phagozytose und Burst)
Ein Probeneingang im Labor innerhalb von 24 Stunden (24h) muss gewährleistet sein. Das Blut sollte bei Raumtemperatur gelagert und transportiert werden.
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