Nicht allein psychogene, auch organische Faktoren tragen zur Entstehung einer depressiven Symptomatik bei. Ein Fokus liegt dabei auf einer möglichen Störung des serotonergen Systems (Serotonin-Hypothese, Coppen, 1967). Der Stellenwert des postulierten neurochemischen Ungleichgewichts wird bis heute kontrovers diskutiert (Lacasse und Leo, 2005). Erwiesen ist jedoch, dass sowohl serotonerge als auch dopaminerge Komponenten die depressive Pathogenese beeinflussen können.
Der Serotonintransporter (SERT) befördert den Botenstoff Serotonin zurück in die Nervenzelle. So wird er als Rohstoff wiedergewonnen; gleichzeitig wird durch seine Entfernung aus dem synaptischen Spalt die Dauer des Serotoninsignals begrenzt. Eine genetische Variante verringert die Syntheserate des Transporters. Träger der Variante haben ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen aus dem depressiven Formenkreis (Cervilla et al., 2007). Außerdem sprechen sie schlechter auf eine SSRI-Therapie an (Serretti et al., 2007). Auch eine seltene Variante der neuronalen TryptophanHydroxylase 2 (TPH2) begünstigt die Entstehung einer depressiven Symptomatik (Zhang et al., 2005). TPH2 bildet im Gehirn Serotonin aus der Aminosäure Tryptophan.
Das im Blut vorhandene Serotonin kann die Blut-HirnSchranke nicht passieren. Grundlage für eine effiziente Serotoninsynthese ist daher eine ausreichende Versorgung des Gehirns mit der Aminosäure Tryptophan. Tatsächlich wurden bei depressiven Patienten erniedrigte Tryptophanspiegel beobachtet (Anderson et al., 1990). Außerdem wurde gezeigt, dass eine künstlich reduzierte Verfügbarkeit von Tryptophan depressive Symptome auslösen kann (Booij et al., 2002). Eine chronisch erhöhte Tryptophanverfügbarkeit wiederum wird im Zusammenhang mit dem Chronic Fatigue Syndrom diskutiert: Das aus Tryptophan gebildete Serotonin kann weiter in das »Schlafhormon« Melatonin umgewandelt werden und Müdigkeit hervorrufen (Castell et al., 1999). Im Zusammenhang mit Depressionen werden auch erniedrigte Serotoninspiegel im Serum diskutiert, was allerdings umstritten ist, da Serotonin im Gegensatz zu Tryptophan die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann.
Die bei Europäern häufige Störung der Fruktoseabsorption führt dazu, dass im Darm auch Tryptophan vermindert resorbiert wird. Dies geht mit erniedrigten Tryptophanspiegeln und einem gehäuften Auftreten depressiver Symptome einher (Ledochowski et al., 1998+2001). Bitte beachten Sie, dass vor Nachweis einer Malabsorption mittels H2-Atemtest der Ausschluss einer hereditären Fruktoseintoleranz indiziert ist, um toxische Effekte zu vermeiden.
Auch Komponenten der dopaminergen Neurotransmission treten in genetischen Varianten auf, die das Risiko für eine depressive Erkrankung erhöhen. Betroffen ist u.a. der Dopamintransporter 1 (DAT1), der das ausgeschüttete Dopamin zurück in die Nervenzelle transportiert (López-León et al., 2008).
Genvarianten der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) bauen Dopamin und Nordadrenalin unterschiedlich schnell ab. Die aktive Form »Val158« wird bei Frauen mit einer Neigung zu Panikstörungen in Zusammenhang gebracht (Rothe et al., 2006).
Tryptophanspiegel: 2 ml EDTA-Blut
Serotoninspiegel: 2 ml Serum (abgetrennt)
SERT, TPH2, DAT1, COMT-Genetik: 2 ml EDTA-Blut
Der Transport ins Labor ist nicht zeitkritisch und kann per Postversand erfolgen. Für die genetische Untersuchung benötigen wir die Einverständniserklärung des Patienten.
Eine Abrechnung ist bei gegebener Indikation im kassen- und privatärztlichen Bereich gegeben.
Laborparameter | Physiol. Funktion |
Tryptophan im Plasma | Ausgangssubstanz des Serotonins |
Serotonin im Serum | Botenstoff |
SERT (Promoter-Variante) | Serotonintransport |
TPH2 (G1463A-Mutation) | Serotoninsynthese |
DAT1 (3’UTR-Variante) | Dopamintransport |
COMT (Val158Met-Variante) | Inaktivierung des Dopamins |