In Deutschland liegt die Prävalenz für das HBs-Antigen, das eine akute und chronische Hepatitis B anzeigt, bei 0,6%. Die Prävalenz für Anti-HBc-Antikörper, die eine aktuelle oder durchgemachte Infektion anzeigen, liegt bei 7%. Diese Daten wurden im Rahmen eines Bundes-Gesundheitssurveys 1998 ermittelt. Bei Kindern findet sich eine Seroprävalenz von Anti-HBc-Antikörpern von 0,5% (KiGGS 2006). Nicht nur in Großstädten, sondern auch in ländlich geprägten Gebieten (aktuelle Studie Münsterland 2012) könnte die Dunkelziffer höher sein. In Risikogruppen und Gruppen aus Gebieten hoher Seroprävalenz ist die HBs-Antigen-Prävalenz deutlich höher. Es besteht Meldepflicht gemäß IfSG §6+7.
Die Infektion immunkompetenter Erwachsener heilt in über 90% der Fälle aus. Eine Infektion im Kindesalter dagegen wird in ca. 90% der Fälle chronisch (bei Immunkompromittierten ca. 30-90% chronische Verläufe).
akut | vor kurzem erworben Erhöhung der Transaminasen und Leberfunktionseinschränkung meist selbstlimitierend |
chronisch | länger als 6 Monate fortbestehende HBV-Infektion mit positivem HBs-Antigen kann periodisch oder längerfristig klinisch und oder biochemisch inapparent verlaufen |
<1% fulminante Verläufe mit hohem Prozentsatz Leberversagen |
Von einer ausgeheilten Hepatitis B kann man sprechen, wenn bei negativem HBs-Antigen positive Anti-HBc-Antikörper und Anti-HBs-Antikörper zu finden sind. Eine schützende Immunität kann angenommen werden, wenn die Anti-HBs-Antikörper über 10 IU/ml sind. Obwohl das HBs-Antigen nicht mehr nachweisbar ist, bleibt das Virus in Form einer cccDNA (covalently closed circular DNA) in der Leber nachweisbar und kann unter massiver Immunsuppression (z.B. Chemotherapie) zu einer Reaktivierung führen.
Bei einer chronischen HBV-Infektion finden sich in der Regel mindestens Anti-HBc-Antikörper (ggf. auch Anti-HBe-Antikörper) und ein positives HBs-Antigen (ggf. auch HBe-Antigen).
Ein Sonderfall der chronischen HBV-Infektion ist der isolierte Nachweis von Anti-HBc-Antikörper ohne Nachweis von HBs-Antigen (in Deutschland eine Prävalenz von ca. 2%). Diese Sonderform kann von einer niedrigen Virämie (HBV-DNA < 20 IU/ml) begleitet sein, ist aber nicht mit einer Hepatitis assoziiert (eine Übertragung ist aber möglich!). Unter Immunsuppression kann es zu einer Reaktivierung kommen.
Ein weiterer Sonderfall ist die okkulte HBV-Infektion. Dabei ist HBV-DNA (i.d.R. <200 IU/ml) nachweisbar trotz negativem HBs-Antigen. Dabei können (müssen aber nicht) Anti-HBc- und Anti-HBs-Antikörper nachweisbar sein. Diese Form findet sich gehäuft bei Patienten mit HCV- oder HIV-Infektion oder HCC, aber auch bei völlig gesunden Personen (besonders nach vorausgegangener Impfung mit abgesunkenen Anti-HBs-Antikörper-Titer < 100IU/l).
Eine Hepatitis D-Virus (HDV)-Infektion sollte beim Nachweis einer akuten oder chronischen HBV-Infektion ausgeschlossen werden, da die Letalität der Hepatitis D ca. 10mal so hoch ist wie die alleinige HBV-Hepatitis (Koinzidenz in Westeuropa bis zu 12%).
Das HBV kann perinatal, perkutan durch Blut-zu-Blut-Kontakte oder durch Sexualkontakte übertragen werden. Geringe Mengen an Virus reichen für eine erfolgreiche Infektion aus.
Eine HBV-Diagnostik sollte grundsätzlich durchgeführt werden bei
Der Nachweis einer HBV-Infektion kann als Stufendiagnostik erfolgen (HBs-Antigen und Anti-HBc-Antikörper).
Da die Hepatitis B in den meisten Fällen ausheilt, ist dann die zusätzliche Bestimmung der Anti-HBs-Antikörper sinnvoll (ggf. alle 3-12 Monate, bis ein Titer > 10 IU/l erreicht ist).
Bei Verdacht auf eine chronische HBV-Infektion ist die zusätzliche Bestimmung von Anti-HBe-Antikörper, HBe-Antigen und der HBV-DNA quantitativ (Viruslast) sinnvoll.
Die akute Hepatitis B heilt bei Erwachsenen in 95-99% der Fälle spontan aus und somit besteht keine Therapie-Indikation für die aktuell verfügbaren antiviralen Medikamente.
Bei schwerer akuter oder fulminanter Hepatitis B (Quick-Wert < 50%) sollte dagegen eine sofortige orale Therapie mit Lamivudin eingeleitet werden, um ein Leberversagen vorzubeugen. Diese Patienten sollten frühzeitig einem Hepatologen bzw. Transplantationszentrum überweisen werden.
Bei der chronischen Hepatitis B berücksichtigt die Indikationsstellung die Viruslast, den Entzündungs- und Fibrosestatus in der Biopsie und die Transaminasen-Aktivität im Serum.
Eine medikamentöse Therapie mit Nukleos(t)id-Analoga in der Schwangerschaft kann erwogen werden, wenn der mögliche Nutzen größer erscheint als die Risiken.
Alkohol- und Drogenkonsum stellten aufgrund der guten Verträglichkeit keine Kontraindikationen zur medikamentösen Therapie mit Nukleos(t)id-Analoga dar.
Ziel einer Therapie ist, die Morbidität und Mortalität der HBV-Infektion zu senken. Dabei ist die Suppression der Viruslast dauerhaft unter die Nachweisgrenze bzw. eine Serokonversion von HBs-Antigen zu Anti-HBs-Antikörpern anzustreben.
Therapieindikation