Home >  Fachinformationen > Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD)-Mangel Häufigster erblicher Enzymdefekt der Erythrozyten

Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD)-Mangel - Häufigster erblicher Enzymdefekt der Erythrozyten

Der Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD)-Mangel, auch bekannt als Favismus oder Favabohnen-Krankheit, ist der häufigste erbliche Enzymdefekt der Erythrozyten. Es wird geschätzt, dass weltweit ca. 420 Millionen Menschen betroffen sind. Am häufigsten tritt dieser Enzymmangel bei Personen auf, die den Malariaregionen entstammen (Mittelmeerraum, Sub-Sahara Region Afrikas und Südostasien). Die Allelfrequenz für den G6PD-Mangel liegt hier bei 10-20%. Träger des Enzymdefekts haben eine höhere Resistenz gegenüber Malaria und besitzen somit in den Malariaregionen einen Selektionsvorteil.

Frühzeitige Diagnose ist entscheidend

Zwar sind die meisten Betroffenen zunächst frei von Symptomen, eine akute hämolytische Krise kann allerdings nach Verzehr bestimmter Nahrungsmittel wie Favabohnen, auch bekannt als Acker- oder Saubohnen, nach Einnahme bestimmter Medikamente (u. a. Malaria-Medikamente, Sulfonamide, Analgetika) oder im Verlauf einer Infektion auftreten. Typischerweise entwickeln sich 1-3 Tage nach Verzehr der Favabohnen bzw. nach Einnahme der Medikamente klinische Symptome (Fieber, Gelbfärbung der Haut, Übelkeit, Erbrechen, Erschöpfung). Eine seltene klinische Manifestation des G6PD-Mangels ist eine chronische hämolytische Anämie.

Entscheidend ist das Wissen um den G6PD-Mangel, damit auslösende Faktoren vermieden werden können.

Weitere Informationen und eine Liste, der zu vermeidenden Medikamente finden Sie unter folgendem Link:

http://www.favismus.de/G6PD_-_Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel_-_Favismus/Willkommen.html

Genetik

Der G6PD-Mangel wird X-chromosomal-rezessiv durch Mutationen im G6PD-Gen vererbt. Bei hemizygoten männlichen und homozygot weiblichen Patienten ist der Enzymmangel vollständig ausgeprägt. Bei heterozygoten Frauen kann die Krankheit sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, oft nur moderat oder gar nicht. In Populationen mit hoher G6PD-Mangel Allelfrequenz sind homozygote Frauen allerdings nicht selten. Der Schweregrad der Symptome wird durch die individuellen Mutationen, die das Ausmaß des Enzymdefektes beeinflussen, bestimmt. Alle Mutationen, die die Enzymaktivität beeinflussen, sind in der kodierenden Sequenzdes G6PD-Gens lokalisiert. Derzeit sind mehr als 150 verschiedene Mutationen beschrieben.

Indikation und Diagnostik

Chronische und akute Anämien, deren Ursache nach einer hämatologischen Vordiagnostik unklar geblieben ist. Akute Anämien können durch bestimmte Medikamente, Infektionen oder Nahrungsmittel hervorgerufenwerden. Die Messung der G6PD-Enzymaktivität im Hämolysat erfolgt spektrophotometrisch. Die Enzymaktivität soll nicht während hämolytischer Krisen bestimmt werden, da Retikulozyten und junge Erythrozyten eine höhere Enzymaktivität als alte Zellen aufweisen. Eine begleitende Bestimmung der Retikulozytenzahl wird empfohlen. Bei der molekulargenetischen Analyse werden die kodierenden Exons 2-13 sequenziert.

Vorteile der Genanalyse gegenüber einer Messung der Enzymaktivität:

 

  • Stabile Präanalytik (keine Kühlung nötig)
  • Frauen, die heterozygot für den G6PD-Mangel sind, können ausschließlich über die Genanalyse diagnostiziert werden
  • Keine Verfälschung der Ergebnisse aufgrund veränderter Retikulozyten-Anteile
  • Keine Referenzwertproblematik

Eine Klassifikation des G6PD-Mangels erfolgt nach Enzymaktivität.

Klasse

Enzymaktivität

Kinik

1

keine

Chronische nicht-sphärozytäre hämolytische Anämie

2

1-10 % Restaktivität

Akute hämolytische Anämie

3

10-60 % Restaktivität

Moderater G6PD-Mangel

4

Normale Aktivität (60-150 %)

Kein G6PD-Mangel

5

Erhöhte Aktivität (>150 %)

Kein G6PD-Mangel

Untersuchungsmaterial

Genetik: EDTA-Blut (2 ml) + Einwilligungserklärung
Retikulozyten und Enzymaktivität: EDTA-Blut (2 ml)

Abrechnung

Die Abrechnung im kassenärztlichen und privatärztlichen Bereich ist gegeben. Humangenetische Untersuchungen belasten nicht das Laborbudget des einsendenden Arztes.

Literatur

  • L. Thomas: Labor und Diagnose, 8. Auflage, TH-Books Cappellini MD and Fiorelli G. Glucose-6-phosphate dehydrogenase deficiency. Lancet. 2008 J5;371(9606):64-74.